Winkelhaider Feuerwehr gestern und heute

Krieg- und Nachkriegsjahre sind an unserer Wehr nicht spurlos vorüber gegangen. Sämtliche alten chronologischen Aufzeichnungen vor 1950 sind leider nicht mehr vorhanden. Gestartete Suchaktionen und Nachfragen blieben bis heute erfolglos.

Zufallsfunde von alten Schriftstücken, Akten, alte Fotografien oder Urkunden geben uns einen kleinen Einblick in das, was sich vor 1950 ereignete. Es sind nicht gerade viele Objekte dafür aber einmalig und beachtenswert.

Wichtig ist jedoch, dass man sich beim Betrachten in die entsprechende Zeit zurück versetzt, um dazu eine Beziehung aufzubauen.

 

Die älteste noch vorhandene Urkunde aus dem Jahr 1904

Urkunde1904.jpg Ehren-Diplom für Erhard Abraham aus Richthausen für 15jährige pflichteifrige Feuerwehr-Dienstleistung. Erhard Abraham trat 1886 der Feuerwehr bei und war Vorstand von 1912 - 1919 und von 1945 - 1947. (Gestiftet von der Fam. Fischer aus Richthausen)

 

Der freiwilligen Feuerwehr Winkelhaid dienten in den vergangenen 125 Jahren als:

Kommandanten: Vorstände:

 
1873 - 1900         Stefan Abraham
1900 - 1914         Georg Liebel
1914 - 1926         Stefan Abraham
1926 - 1937         Johann Koch
1937 - 1945         Hans Räbel
1947 - 1949         Michael Müller
1949 - 1967         Georg Volkert
1967 - 1984         Ernst Schönweiß
1984 - 1992         Walter Schulz
1992 - 2003         Roland Reuß
2003 - 2005         Dieter Burghardt
2006 - 2021        Gerd Thorak
2021 - heute       Sebastian Schulz

1873 - 1912         Stefan Kraußer
1912 - 1919         Erhard Abraham
1919 - 1945         Johann Koch,
                               Georg Popp
                               Georg Kreißel
1945 - 1947         Erhard Abraham
1947 - 1968         Georg Koch
1968 - 1974         Ulrich Hiller
1974 - 2002         Horst Meyer
2002 - 2008         Rupert Mederer
2008 -  heute       Heinz Pöllet

   

 

Vereinbarung zwischen Königlichen Bayrischen Eisenbahnverwaltung (im Schreiben kurz abgekürzt KB) und der Winkelhaider Feuerwehr

B1.jpg

Für evtl. Unfälle reichte das jedoch der Königlichen Bayrischen Eisenbahnverwaltung ab 1912 nicht mehr aus – die Eisenbahnlinie von Feucht nach Altdorf war ja bereits 1878 feierlich eröffnet worden – und so kam es zu einer eigenen Vereinbarung zwischen Königlichen Bayrischen Eisenbahnverwaltung (im Schreiben kurz abgekürzt KB) und der Winkelhaider Feuerwehr, in der genauestens festgelegt war, wie sich die Eisenbahnverwaltung die Hilfeleistung bei Eisenbahnunfällen vorstellt.

Die Vereinbarung ist in “Deutscher Schrift“ abgefasst. Da heute diese Schrift nur noch wenigen geläufig ist, folgt nach dem Originalschreiben die Umschrift:

 

 
Vereinbarung


Zwischen der freiwilligen Feuerwehr Winkelhaid und der K.B. Eisenbahnverwaltung über die Hilfeleistung bei Eisenbahnunfällen.
I.)
Die freiwillige Feuerwehr Winkelhaid verpflichtet sich, auf den Anruf der K. Bahnstation Winkelhaid bei Eisenbahnunfällen in der Station Winkelhaid oder auf der freien Strecke zur Aufrechterhaltung der Ordnung Fernhaltung müßiger Zuschauer, Versorgung und Fortschaffung der verletzten Gäste zu leisten. Das gleiche gilt, wenn die Hilfeleistung von dem Personal eines auf der freien Strecke verunglückten Zuges unmittelbar erbeten wird.
I I.)
Der Kommandant der Feuerwehr Winkelhaid wird sich bei dieser Hilfeleistung mit dem die Rettungs – und Aufräumungsarbeiten leitenden Beamten über seitens der Feuerwehr zu leistende Art der Unterstützung jeweils benehmen.
I I I.)
Die Verständigung über die Notwendigkeit einer Hilfeleistung erfolgt durch die K. Bahnstation Winkelhaid an den Herrn Kommandanten der Feuerwehr telefonisch oder durch Boten.

Nürnberg, den 7. März 1912                    Winkelhaid, den 16. März 1912

    K. Betriebsinspektion I I
   Schwarz B. Direktionsrat

    Erhard Abraham    Vorstand
    Stefan Abraham    Kommandant

 

Verpflichtungsvertrag


 Das Sprichwort: „Übung macht den Meister“ gilt natürlich erst recht bei der Feuerwehr. Nur das ständige Üben an den Geräten und das Zusammenwirken der einzelnen Feuerwehrleute gewährleistet eine schlagkräftige Wehr und sichert die Einsatzbereitschaft.

Dies bedeutet jedoch für den einzelnen Feuerwehrmann, dass er nach seiner regulären Arbeitszeit (1913 bestimmt 10-13 Stunden) auch noch an Übungen teilnehmen musste. Dass damals die angesetzten Übungen nicht gerade bei allen Feuerwehrkameraden beliebt waren, davon zeugt der noch vorhandene Verpflichtungsvertrag, der lange Zeit von jedem einzelnen persönlich unterschrieben werden musste.

Der Verpflichtungsvertrag hat bestimmt zur regelmäßigen Teilnahme an den angesetzten Übungen beigetragen. Man muss sich dabei vor Augen führen, dass 1913, d.h. ein Jahr vor Ausbruch des 1. Weltkriegs, der durchschnittliche Stundenlohn eines Industriearbeiters bei 80Pfennig die Stunde lag, somit waren 20 oder 50 Pfennig, die als Strafe für Versäumnisse anfielen, für die damalige Zeit sehr viel Geld.
Der Verpflichtungsvertag ist in „Deutscher Schrift“ abgefasst, auch hier folgt wieder eine „Übersetzung“ in die gewohnte Schrift, die Besonderheiten der Rechtschreibung bleiben erhalten.

 

Winkelhaid, den 26ten Januar 1913
Verpflichtungsvertrag – Vertrag!
Der Freiwilligen Feuerwehr – Winkelhaid.

Die freiwillige Feuerwehr Winkelhaid, verpflichtet sich hierdurch nach stattgehabter Generalversammlung nachstehenden Verordnungen, durch eigen Unterschrift einesjeden Mitgliedes, zu unterwerfen.

I.    Jedes ordentliche Mitglied gelobt durch seine eigene Unterschrift gegenüber seinen zeitweiligen Wehr- Verwaltungsrat u. Kommandant, sowie dem zeitweiligen Bürgermeister samt Gemeindebehörde wie auch allen übrigen in der Gemeinde befindlichen Bürger alle die vom Bayerischen Landesverbande herausgegebenen Satzungen u. Dienstvorschriften, welche durch die Gemeinde jedem einzelnen Mitglied unentgeltlich überreicht wurden, aufs eifrigste zu befolgen.
II.    Jedes Mitglied verpflichtet sich ferner nachstehender Verordnung, nämlich, falls sich ein in den Dienst der Feuerwehr obriger Gemeinde eingereichtes Mitglied von den planmäßig angezeigten Übungen durch unentschuldigtes, oder durch geringfügiges, ungiltig Entschuldigtes Wegbleiben von Übungen, verfehlt, einen Geldbetrag von 50 Pfennig an die Feuerwehrkasse zu entrichten, anerkent. Verfehlungen müssen vom Kommandanten zur Notiz gebracht werden. Über Entschuldigung hat für die Straffälligkeit der Verwaltungsrat nebst zwei Mitgliedern der aktiven Mannschaft für Unentschuldigte nicht; für zu spätes Erscheinen nach beendetem Verlaßappel hat der Säumige den Betrag von 5 Pfennig zu entrichten. Als Entschuldigungsgründe sollen für geltend erachtet werden 1. Abendmahlgang, 2. Krankheit der Mitglieder im vorhandenen Falle u. schlimmen Zustande auch deren Frauenoder sonstigen Angehörigen, 3. Hochzeit der betr. Mitglieder.

Unwahre Entschuldigungen sollen, wenn sie nach Kontrolle als solche Tatsächlich bewiesen werden können, mit doppelter Strafe belegt werden. Beschwerden gegen Straffallsollen vorerst beim jeweiligen Verwaltungsrat bei Zurückweisung von denselben, dann erst beim Gericht erfolgen.

III.    Entschuldigungen sollen nicht vorher beim Kommandanten überwegbleiben von Übungen gemacht werden, sondern erst beim Namenruf des betreffenden durch einen Kammeraden. Straffälle sollen dem Vorstande, durch den Kommandanten persönlich überreicht werden welcher angefallene Beiträge vom Vereinsdiene nach Übungsschluß einkassieren zu lassen hat u. dann selbst dem Kassierer zu überbringen. Gegen ZahlungsVerweigerung soll im strengsten Falle gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen u. im günstigsten Falle des Schuldigen hinsichtlich dieser Verwarnung auf dessen Kosten Zwangsbeitreibung erfolgen. Strafbeträge sollen zu Krankenunterstützung verwendet werden u. durch die Verwaltung je nach Bedarf der Mitglieder verteilt werden oder auch sonst zu anderen guten Zwecken verwendet werden!
IV.    Bemerkt wird noch hierzu, dass obige Bestimmungen in Absatz zwei u. drei, wieder, aber nur in mehrheitlicher Zustimmung des gesamten Feuerwehrpersonals in einer außerordentlichen Generalversammlung abgeändert oder aufgehoben werden können. Allen hier vertragsmäßig angegebenen Verpflichtungen unterwerfen sich mit ernster Entschiedenheit als Pflichttreue Wehrmänner welches durch eigene Unterschriftanerkannt ist.

Vor u. Zuname

Georg Kreißel        Stefan Laubach        Georg Kolb
Jakob Koch        Johann Meyer            Abraham Erhard Vorstand
Konrad Bauer        Hans Bock            Abraham Stefan Kommandant
Joh. Wagner        Joh. Blos            Fritz Kolb
Georg Dorn        Andreas Lehr            Hans Monatsberger
Joh. Gg. Karl        Georg Gottschalk        Johann Abraham
Konrad Hiller        Joh. Georg Liebel        Ulrich Lehr
Paulus Hiller        Johann Hiller            Johann Wolf
Peter Wagner
Heinrich Schönweiß

 

Aktive Wehr in den 30er Jahren

FFW30Jahren.jpg

1= Andreas Bock         8=Johann Koch        15=Josef Eckmüller    22=Hans Meier        
2=Hans Kupfer         9=Stefan Koch        16=Thomas Hahn        23=Wiesenbacher
3=Heinrich Hengelein    10=Erhard Abraham    17=Konrad Grasser    24=Ludwig Monatsberger
4=Georg Abraham        11=Paul Hiller        18=Hans Hiller        25=Hans Hahn
5=Konrad Reitzmann        12=Hans Monatsberger    19=Hans Hasenschwanz    26=Georg Kalb
6=Georg Popp        13=Georg Liebel        20=Fritz Leupold        27=Georg Wagner
7=Hans Grasser        14=Konrad Dorn        21=Andreas Abraham

 

Inventarverzeichnis von 1937


Sehr aufschlussreich ist das Inventarverzeichnis aus dem Jahr 1937.

Heute kaum noch vorstell bar mit wie wenig Gerätschaften die Feuerwehr in diesen Jahren zu einer Brandbekämpfung ausrücken musste.

Ein direkter Vergleich mit den heute vorhandenen Gerätschaften zu damals kann nicht gezogen werden, da sich neben der allgemeinen Modernisierung auch eine starke Verlagerung von der Brandbekämpfung zur technischen Hilfeleistung vollzogen hat. Statistisch gesehen ist nur noch jeder 4. Einsatz ein Brandeinsatz.

Ein Vergleich sei jedoch erlaubt.
1937: 30     Schläuche ergab eine Gesamtschlauchlänge von:     450 Meter
1998: 135 Schläuche ergibt eine Gesamtschlauchlänge von: 2.025 Meter

Unsere heutige Ausrüstung entspricht dem jetzigen technischen Standard und besteht im wesentlichen aus folgendem Großgeräten:
1 Motorpumpe TSA
1 Tanklöschfahrzeug TLF16
1 Löschfahrzeug LF16
1 Mehrzweckfahrzeug
1 Anhängeleiter AL12
Das Sprungtuch wurde durch einen sich selbstaufblasenden Sprungretter ersetzt, die Einsatzkleidung „Bayern 1“ wird in diesem Jahr auf die moderne „Bayern 2000“ umgestellt.

 

Inventar-Verzeichnis


Bei der Übernahmedurch Herrn Reitzmann Konrad als Zeugwart wurden Folgende Geräte und Inventar festgestellt.

I.    1 Feuerlöschmaschine Baujahr 1885 No.2114/4 mit Schlauchhaspel u. Werkzeugkasten (Inhalt: 1 Schlauchknüpel,  9 Stck Schlüssel und Schlauchdichtmittel)
Weiter ist bei der Löschmaschine vorhanden:         
1 Sauger mit 2 Verlängerungsstücken und 2 Strahlrohre
II.    2 Hydranten mit 1 Schlüssel
III.    1 Automatische Zugleiter mit Fahrgestell
IV.    2 Wandleitern
V.    3Feuerhaken und 1 Feuerzange
VI.    1 Petroleumfackel
VII.    2 Handlaternen
VIII.    24 Stck. Schläuche mit Sturzkupplung
IX.    6 Stck. Schläuche mit Schraubenkupplung (alt)
X.    1 Ölkanne

Winkelhaid, den 16. Mai 1937
Der Kommandant:        gez. Koch
Der jetzige Zeugwart:     gez. Konrad Reitzmann